Wirkliche Demokratie Erreichen: Eine neuer Typ politischer Partei — Die Proxy Partei

Die Proxy Partei

Dies ist Teil 2 meines Buches “Wirkliche Demokratie erreichen: Eine neue Art Partei als realistischer nächster Schritt”. Hier finden Sie Teil 1, die Einleitung der Artikelserie.

Solange wir nicht das politische System selbst reparieren, wird das System uns nicht repräsentieren. Die Demokratie selbst braucht ein Upgrade. Dringend!

Wenn wir die Demokratie in den nächsten Jahren ernsthaft stärken und eine echte Repräsentation erreichen wollen, müssen wir die politische Partei als Vehikel für die Vertretung demokratischer Interessen neu denken.

Die neue Art der politischen Partei sollte ihren Mitgliedern nicht ihren politischen Willen aufzwingen, sondern ihnen dabei helfen, ihren individuellen politischen Willen zu entwickeln und diesen dann für sie so genau wie möglich zu vertreten. Sie wird keine Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss erzwingen, sondern die Breite der Entscheidungen repräsentieren, die ihre Mitglieder nach Prüfung des Themas getroffen haben.

Warum nenne ich diese neue Art von Partei ‘Proxy Partei’?

Denjenigen, die mit der Informationstechnologie vertraut sind, ist sicherlich das Wort ‘Proxy’ (Server) geläufig. Dieser gibt Informationen weiter, ohne sie zu verändern. Mit anderen Worten: Er gibt die Nachricht des Urhebers 1:1 weiter.

Unterstützung der Mitglieder bei der Bildung ihres individuellen politischen Willens

Einige argumentieren, dass die direkte Demokratie eine schlechte Idee sei. Diese würde nicht zu besseren Ergebnissen führen, da die Entscheidung schlecht informierten Parteimitgliedern überlassen wird. Tatsächlich ist das ein valides Argument. Bei einer direkten Demokratie besteht die Gefahr vorschneller Entscheidungen mit parteiischen Medien als Dirigenten auf der Basis von konstruierten Bildern und Emotionen sowie einer Mob-Herrschaft der Mehrheit.

Für eine wirkliche Verbesserung müssen wir Faktenprüfung und eine abwägende Beratung hinzufügen. Nur ein gut ausgewogener und strukturierter Input in Verbindung mit einem abwägenden Prozess ermöglicht eine solide Grundlage für durchdachte Entscheidungen. Nur so werden nicht einfach unsere politischen Reflexe angezapft. Nur so werden bessere Ergebnisse möglich.

Daher muss die Proxy Partei auch den Prozess der Bildung des individuellen politischen Willens unterstützen. Sie kann …

… auf die ‘Weisheit der Menge’ und die von Spezialisten zurückgreifen, um das Thema zu strukturieren und die relevanten Fakten einzubringen (mit einer klaren Unterscheidung zwischen Fakten und Meinungen).

… die Fakten und ihre Ursprungsquellen überprüfen.

… ein kurzes, ausgewogenes Übersichtspapier zum Thema (mit Referenzen) als Entscheidungsgrundlage erstellen.

… eine Kultur schaffen, um Fakten von ihrer Interpretation zu trennen (Fakten zuerst, Diskussion später).

… eine Kultur der nachdenklichen Deliberation schaffen, in deren Mittelpunkt gegenseitiger Respekt, Gemeinsamkeiten und gemeinsame Interessen stehen.

Beweise liefern, dass die Partei vertrauenswürdig ist

Da das Vertrauen in politische Parteien in den letzten Jahrzehnten größtenteils verspielt wurde, reicht es nicht aus, zu versprechen, anders zu sein. Die neue Partei muss in der Lage sein, zu beweisen, dass sie anders ist, und transparent handeln, um die Wähler überzeugen zu können. Die Partei sollte Erwartungen übertreffen und jederzeit in der Lage sein, (intern und extern) zu belegen, dass sie sich an Prozesse der Faktensammlung, Diskussion und Repräsentation gehalten hat. Sie sollte in der Lage sein, den Nachweis zu erbringen, dass sie die Integrität der Prozesse und der Ergebnisse aufrechterhalten hat.

Informationsprozesse zur Gewährleistung einer soliden Entscheidungsgrundlage:

  • Korrektheit der bereitgestellten Basisdaten inkl. Quellenprüfung
  • Vollständigkeit der wichtigsten Fakten und Argumente (90:10-Ansatz, da 100% nicht zu erreichen sind)
  • Ausgewogener Input und Vergleich der Argumente

Veröffentlichung der Ergebnisse von Informationsprozessen und demokratischen Prozessen:

Geprüfter inhaltlicher Input
+ Prüfung der Einhaltung der Prozesse
+ Nichtveränderliche Veröffentlichung der Prüfinhalte und -ergebnisse
= Nachweisbare Absicherung der Entscheidungsvorlagen

Basisdemokratisch und doch effizient

Einige argumentieren, dass eine basisdemokratische Organisation nur mit sich selber beschäftigt und niemals in der Lage sein wird, effektiv als Vertreter ihrer Mitglieder zu handeln. Wenn man sich historische Beispiele anschaut, scheinen die Mahner Recht zu haben.

Eine basisdemokratische Organisation zu sein und effektiv und effizient zu sein, scheint ein Widerspruch in sich selbst zu sein. Wenn jeder alles mit jedem diskutieren will, werden die Diskussionen nicht enden. Selbst wenn ein Konsens erreicht wird, werden neue Mitglieder Themen wieder aufgreifen und erneut diskutieren wollen.

Mein Lösungsvorschlag:

Nur das Programm der Partei und die Kandidaten müssen von allen Mitgliedern diskutiert und vereinbart werden. Danach sollte die Partei wie eine normale Partei mit ‘direkter Demokratie als Ausnahme’ handeln.

Ich plädiere dafür, dass die Mitglieder ihre ernannten Vertreter arbeiten lassen und sich nur einmischen sollten …

… wenn die Entscheidungen der Vertreter nicht aus dem Programm abgeleitet werden können oder

… wenn sie der Meinung sind, dass die vorgeschlagenen Entscheidungen ihrer Vertreter nicht dem Geist des Parteiprogramms entsprechen.

Ich argumentiere weiter, dass diese ‘direkte Demokratie als Ausnahme’ eine qualifizierende Vorabbedingung braucht. Dafür schlage ich eine Hürde von 5% der Stimmen aller Mitglieder vor, die erreicht werden muss, um die Abstimmung in die Hände der Mitglieder zu legen. Dies setzt natürlich voraus, dass die Mitglieder rechtzeitig vor der Abstimmung im Parlament über die Entscheidungen ihrer Vertreter informiert werden. Technologie ist erforderlich, um die Stimmen sicher und effizient zu sammeln.

Darüber hinaus plädiere ich dafür, das Programm der Partei in zwei Teile zu spalten:

  • Das Kernprogramm sollte sich mit den Kernthemen der Partei befassen: Demokratie und Transparenz. Ausserdem sollte dieses auch die weiteren Grundwerte der Partei enthalten.
  • Der erweiterte Teil des Programms sollte sich mit allem anderen befassen, worauf sich die Mitglieder einigen.
  • Auf die Gründe für diesen Vorschlag, und warum dieser die Effektivität und Effizienz der Proxy Partei steigert, gehe ich noch später im Buch ein.

Darüber hinaus muss sich die Proxy Partei auf ihre Kultur und ihre Prozesse konzentrieren.

Die Kultur:

  • konzentriert auf Fakten und Ergebnisse
  • stellt qualitativ hochwertige, ausgewogene Überblicksentscheidungspapiere bereit
  • stellt eine zivilisierte, respektvolle Konsensfindung sicher
  • vermeidet Faktenausschluss und Gedankenverbote aufgrund überzogener ‘politische Korrektheit’
  • zielt darauf, über gemeinsame Interessen einen Konsens zu erreichen

Die Prozesse:

  • basisdemokratische Entstehung und spätere Änderung des Programms der Partei
  • strikte Einhaltung der Prozesse der Datensammlung, Datenüberprüfung, abwägende Beratung und Entscheidung
  • möglichst genaue Vertretung des Stimmverhältnisses der Mitglieder im Parlament

Überblick: Die 3 Säulen der Proxy Partei

Wie ich in den kommenden Kapiteln dieses kurzen Buches weiter ausführe, wären die Parteifunktionäre in der Lage, genauso effizient zu handeln wie ‘übliche’ Parteifunktionäre.

Der einzige Unterschied bestünde darin, dass sie ihre Entscheidungen ihren Mitgliedern im Voraus mitteilen müssten. Hier kommt die ‘direkte Demokratie als Ausnahme’ ins Spiel.

Abläufe können in der Tat etwas komplexer werden als in einer herkömmlichen Partei, da die gewählten Abgeordneten die zusätzliche Belastung haben, ihre Mitglieder im Voraus über ihre Abstimmung zu informieren. Aber ich würde auch argumentieren, dass sie ihre Mitglieder viel effektiver vertreten können, da sie ständig mit der Basis in Kontakt stehen und ihre Mitglieder nach ihrer Meinung fragen.

Die wichtigsten demokratischen Prozesse der Proxy Partei können in den folgenden drei Schritten beschrieben werden:

  1. Die Mitglieder sind in der Lage, mit einer 5%-igen Übernahmeab-stimmung das Thema in den offiziellen parteiinternen strukturierten abwägenden Beratungsprozess auf Mitgliederbasis zu überführen.
  2. Die Themenspezialisten und Moderatoren liefern eine solide Grundlage für eine wohlinformierte Erörterung der Themen und abwägende Beratung. Die Themenspezialisten werden Fakten sammeln und prüfen und darauf basierend ein ausgewogenes Input-Papier erstellen. Die Moderatoren werden einen zivilisierten, respektvollen und auf Mehrwertschaffung fokussierten abwägenden Beratungsprozess überwachen.
  3. Genaue Repräsentation der Mitgliederbasis durch einen 1:1-Transfer ins Parlament: Die gewählten Vertreter werden nach dem Stimmverhältnis der Mitglieder abstimmen. Wenn 80% der Mitglieder für JA und 20% für NEIN stimmen, werden 8 von 10 Vertretern für JA und 2 von 10 Vertretern für NEIN stimmen. Es wird sich kein Vertreter der Stimme enthalten.
Die Proxy Partei

Die Volks- und Mitmachpartei

Die Rolle des Parteimitglieds ändert sich von der Ausgabe von Blankoschecks für Politik-Komplettpakete zu einer echten Mitsprache, bei der das Mitglied wirklich der Souverän ist. Das neue System bietet einen Wandel von einem einmaligen Akt der Demokratie alle paar Jahre hin zu einem jederzeit einzufordernden Recht, die Kontrolle selbst zu übernehmen.

Bürger, die sich politisch engagieren wollen, können dies in der neuen Proxy Partei zielgerichtet tun. Hier geht es nicht darum, sich mir der ‘politischen Ochsentour’ und durch Parteigehorsam zu beweisen, sondern vielmehr um die eigene Themen-kompetenz und eine überzeugende Argumentation. In der Proxy Partei zählt nicht der Rang einer Person, sondern die Kraft des Arguments.

Bürger, die sich nicht selber thematisch engagieren aber gerne mitbestimmen würden, können dies in keiner anderen Partei besser als in der Proxy Partei. Sie können ihre gewählten Abgeordneten ‘zurückpfeifen’ und mit anderen veranlassen, dass ein Thema auf der Ebene der Mitgliederbasis entschieden wird. Durch die abgesicherten Prozesse können sie sich sicher sein, dass sie sehr vielseitig und qualitativ abgesichert über ein Thema informiert werden.

Dies ist ein Auszug aus meinem Buch „Wirkliche Demokratie Erreichen: Eine Neue Art von Partei als Realistischer Nächster Schritt“, das bei Amazon oder Bookrix oder Thalia oder buecher.de etc. gekauft werden kann.

Wenn Sie mehr über die Idee erfahren möchten, besuchen Sie mich auf meiner Website oder YouTube (engl.) oder Pinterest /engl.) oder Twitter oder SlideShare (engl.) oder hören Sie sich meinen Podcast (engl.) an.

Diese Version 1.0 meines Buchs stellt meine aktuellen Gedanken zu diesem Thema dar. Ich hoffe, dass es als Ausgangspunkt verwendet werden kann, um weitere Diskussionen von anderen Gleichgesinnten anzuregen. Wichtig ist die Grundidee, die hinter den Worten in diesem Buch steht, nicht die Worte selbst.

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